Seit die Kooperative von Santa Catarina da Fonte do Bispo 1949 gegründet wurde, hat sich vieles geändert. Maschinen, die den Menschen die Aufgaben erleichtern, sind auch hier eingekehrt. Einiges ist und bleibt jedoch wie damals.
Zehn Uhr morgens. Auf dem Gelände der Cooperativa de Santa Catarina da Fonte do Bispo, Tavira, herrscht reger Betrieb. Tierkarren oder Lasttiere sind weit und breit nicht zu sehen. Dafür Lastwagen. Es ist Hochsaison der Olivenöl-Produktion. Landwirte aus der ganzen Algarve bringen ihre Oliven, um sie hier pressen zu lassen und das beliebte und gesunde Olivenöl zu gewinnen. Heute wie damals ist die Atmosphäre unter den Landwirten locker. Männer unter sich. Menge und Qualität der Ernte werden verglichen. Es wird über die Erhöhung der Produktionskosten und den niedrigeren Gewinn geklagt. Die meisten sind der Meinung, dass es sich nicht mehr lohnt, Olivenöl selbst zu produzieren. Dennoch stehen sie hier vor der Kooperative. Wieso? „Weil es uns das Herz bricht, die Früchte am Baum zu lassen”, so José Fernandes aus Boavista, Quelfes. Es geht schlicht und einfach gegen ihre Natur. Und natürlich auch, weil es in dieser landwirtschaftlich geprägten Gegend einfach dazu gehört, sein eigenes Olivenöl zu produzieren. Daher schleppen sie weiterhin ihre Ernte bis zum Lagar und warten, bis sie dran sind. José Fernandes hat 130 Arrobas, d.h. 1.950 Kilogramm Oliven dabei und rechnet mit rund 250 Liter Öl. Der ganze Prozess dauert zirka eine Stunde. Mitglieder der Kooperative können einen Termin ausmachen, andere Landwirte müssen in der Schlange anstehen. José Fernandes ist seit 50 Jahren Mitglied, macht jedoch nicht immer einen Termin aus, denn das Warten macht ihm nichts aus. „Man trifft sich, ist unter Freunden, plaudert ein bisschen. Die Zeit vergeht schnell”, meint der 76-Jährige lächelnd. „Aber wenn man sechs Männer vor sich hat, kann man gleich wieder nach Hause gehen“. Dennoch müssen die Landwirte darauf achten, dass die Früchte höchstens zwei Tage nach der Ernte im Lagar abgeliefert werden. Je länger die Früchte liegen, desto rascher verliert das Öl an Qualität. Luís Madeira, seit 2008 Vorsitzender der Kooperative, mahnt: „Nur frisch geerntete Oliven werden akzeptiert. Nicht vom Boden sondern vom Baum. Eine grobe Selektion muss vorher auch schon stattgefunden haben. Wenn die Früchte mit zu vielen Blättern und Zweigen geliefert werden, nehmen wir sie nicht an. Und angeschlagene schon gar nicht“. Diese Regeln galten schon als die Kooperative gegründet wurde. Auch der Prozess der Gewinnung des Olivenöls ist weitgehend derselbe. Die Schritte sind dieselben, nur die dafür eingesetzten Maschinen nicht. Zuerst werden die Oliven gewogen, von Blättern und Ästen befreit – heute mithilfe eines Ventilators, früher per Hand – und gewaschen. Bis vor nicht allzu langer Zeit wurden die Oliven dann gleichmäßig auf dem Mühlenboden verteilt und mit einer Steinmühle gemahlen (Moenda). Die entstandene Olivenmaische wurde im Anschluss in Ölpresskörbe in mehreren Lagen übereinander verteilt. Unter hohem Druck fand das Pressen der Olivenmaische statt. Die so gewonnene Flüssigkeit, eine Mischung aus Wasser und Öl, ruhte anschließend solange, bis sich zwei Schichten bildeten und das leichte Öl auf dem schwereren Wasser schwamm. Die damals benutzten Maschinen und Ölpresskörbe können im kleinen Museum der Kooperative, im Raum neben dem kleinen Geschäft mit regionalen Produkten, besichtigt werden (Mo – Fr 11h–13h,15h–18h). Heute wird der Prozess als kontinuierliches Verfahren bezeichnet. Nachdem die Früchte von den Blättern befreit sind, werden sie mittels Fließband zu einer „Waschanlage” befördert und von dort in eine Maschine, die sie zerkleinert, so dass ein Olivenmus entsteht. Dieser breiige Fruchtsaft kommt dann in eine horizontale Zentrifuge, in der die Trennung des festen (Bagaço) vom flüssigen (Wasser und Öl) Teil (Extração) erfolgt. Zuletzt wird das Öl mit Hilfe einer vertikalen Zentrifuge vom Wasser getrennt. Das entstandene Olivenöl ist trüb, weist jedoch bereits eine goldene Farbe auf und muss anschließend mehrere Wochen ruhen, damit sich die Schwebstoffe absetzen können. Erst dann ist das Olivenöl zum Verzehr geeignet – „und in der Algarve kommt es in der Küche reichlich zum Einsatz!“, sagt José Fernandes lächelnd. „Nichts ist so lecker wie in Olivenöl getunktes Bauernbrot, ganz einfach und simpel, mehr ist nicht nötig“, fügt er hinzu.
Anabela Gaspar
ESA 12/13