Das letzte große Erdbeben
Immer wieder kommt es wegen Verschiebungen der tektonischen Platten zu Erschütterungen des Erdkörpers. An das Erdbeben vom 1. November 1755, das Lissabon und weite Teile der Algarve zerstörte, erinnern nur noch Aufzeichnungen. Ältere Bewohner der Algarve entsinnen sich jedoch noch mit Schrecken an das Beben vom 28. Februar 1969
Die Bilder der zerstörten Gebäude in Mittelitalien nach den Erdbeben im August und im Oktober des vergangenen Jahres weckten in älteren Algarvios die Erinnerungen an die frühen Morgenstunden des 28. Februar 1969. Das Beben hatte sein Epizentrum südwestlich des Cabo de São Vicente in der Gorringe-Bank im Atlantik. Mit einer Stärke von acht nach der Richterskala legte das Erdbeben in Sekundenschnelle ganze Ortschaften in Schutt. Es folgten Nachbeben mit einer Stärke von bis zu fünf nach der Richterskala. Besonders betroffen waren die Bezirke von Vila do Bispo, Aljezur und Lagos, doch auch in anderen Teilen Portugals richtete das Beben Schäden an. Menschen auf der gesamten Iberischen Halbinsel und in Nordafrika spürten die Erdstöße.
Nach Berichten aus der damaligen Zeit wurden allein in Vila do Bispo sechzig Häuser zerstört, im kleinen Ort Fonte de Louzeiros bei Alcantarilha blieb von ursprünglich sechzehn Häusern nur eines stehen. Die dreißig Bewohner hätten sich „dank -eines -Wunders“ retten können, so die Zeitung Folha do Domingo, die ebenfalls über die vielen wegen Einsturzgefahr geschlossenen Kirchen und die komplette Zerstörung des Krankenhauses von Castro Marim berichtete. Vor allem alte Bauten wie Kirchen, Klöster, Stadtmauern und die traditionellen Lehmhäuser stürzten ein. Auch die Zeitung O Algarve berichtete über das verheerende Beben, über Hunderte Obdachlose und über die, laut offiziellen Daten, knapp zehn Todesopfer in ganz Portugal. Doch laut dem Historiker José Vilhena Mesquita habe das Salazar-Regime damals die wahre Anzahl der Todesopfer verheimlicht. „Denn damals war es verboten über Mortalität zu sprechen“, so Mesquita. Für den Historiker war das Beben jedoch „nicht sehr dramatisch“. Dass die Bevölkerung sich bis heute daran erinnert, liege daran, dass seitdem kein weiteres starkes Beben in Portugal registriert wurde.
Viel verheerender sei der Zyklon am 15. Februar 1941 gewesen. Die Zeitung O Século beschrieb auf vier Seiten ausführlich die Zerstörung: „Windböen von 127 km/h verursachten große Zerstörung; Panik breitete sich unter der Bevölkerung aus, die zum Himmel gerichtet um Erbarmen bat; 16 Fregatten versanken im Tejo-Fluss; 20 Meter hohe Wellen schlugen auf den Lissabonner Terreiro do Paço ein. Strommasten wurden umgeknickt, Schornsteine waren eingestürzt und Bäume entwurzelt. Der Wind wehte ganze Dächer davon. Es kam zu einigen Todesopfern und vielen Verletzten.“ Auch die gesamte Algarve-Küste wurde stark getroffen. Das Unwetter veränderte das Leben und die Landschaft der Region nachhaltig und hatte Auswirkungen auf die Entwicklung bis heute. Laut Historikern trug es entscheidend zum Niedergang der Algarve als Industrie- und Handelsregion bei und die Landwirtschaft war weiträumig vernichtet (s. ESA 2/16).
Seit diesen Naturkatastrophen hat sich vieles geändert. Ende der 1960er verfügte das Meteorologische Institut Portugals IPMA nur über drei Messstationen. Das verheerende Beben war Anlass, die Messungen weiter auszubauen und ein Erdbebendienst wurde eingerichtet. Doch trotz wissenschaftlicher Entwicklung, die Warnungen vor Unwettern ermöglicht, ist der Mensch weiterhin so verletzlich wie seine Vorfahren. Ein Beispiel dafür ist das Unwetter vom 20. Februar 2010 auf Madeira, das zu Überschwemmungen und Erdrutschen führte, die 42 Todesopfer, 250 Vermisste, 70 Verletzte und die komplette Zerstörung von Häusern, Straßen und Brücken hinterließen.
Text: Anabela Gaspar
ESA 02/2017