Die Leuchttürme der Algarve-Küste
Stille Wächter mit Warnlicht – Ferragudo und Carvoeiro
Die Lichtimpulse der Leuchttürme von Ferragudo und Carvoeiro tragen zur spezifischen Kennung des Leuchtfeuerwerks der Algarve-Küste bei und ergänzen die Signalreichweite der anderen Leuchttürme
Sechs Leuchtturmanlagen entlang der Algarve-Küste sorgen mit ihrem nächtlichen Leuchtfeuer für Orientierung im Schiffsverkehr. Die unterschiedlich lang blinkenden Hell-Dunkel-
Impulse dienen außerdem als Warnung vor Untiefen und als Fahrwassermarkierung. Weltweit ist jeder
Leuchtturm mit einem anderen Hell-Dunkel-
Lichtimpuls und Rhythmus ausgestattet. Dieser
spezifische Impuls trägt eine eigene Kennungsnummer, die im internationalen Leuchtfeuerverzeichnis eingetragen ist und jeden Leuchtturm geografisch identifiziert. Für die Positionsbestimmung in Küstennähe orientiert sich die Schifffahrt an drei Lichtsignalen von drei Leuchttürmen, deren Impulsreichweiten sich kreuzen.
Weitläufig ausgedehnte Strandbuchten, zerklüftete Felsenformationen und weit ins Meer ragende Halbinseln rauben dem vor der Algarve-Küste kreuzenden Schiffsverkehr zwischen Quarteira und Sagres jedoch teilweise die Sicht auf das jeweilige Warnlicht der Leuchttürme am Cabo de São Vicente in Sagres, auf der Ponta da Piedade in Lagos und auf der Insel Farol. Die Reichweite der Lichtausbeute genügt dem Schiffsverkehr nicht, um die Hindernisse entlang der Felsenküste optisch zu überbrücken. Die Signale der Leuchttürme in Ferragudo und Carvoeiro schließen diese Lücke und gewährleisten nächtliches Leuchtfeuerwerk entlang der gesamten Küste.
Der Farol da Ponta do Altar in Ferragudo wurde 1893 zur Kennzeichnung der Mündung am Arade-Fluss auf der am weitesten südlich ins Meer ragenden Klippe von Ferragudo auf der östlichen Uferseite des Arade errichtet. Der Turm misst zehn Meter Höhe, steht 32 Meter über dem Meeresspiegel, die Befeuerung pulsiert im Fünfsekundentakt, jeweils zwei Sekunden lang hell, drei Sekunden lang dunkel und ist 16 Seemeilen (29,6 km) weit sichtbar. Der Ausblick aus der Kuppel schenkt freie Sicht auf die Silhouette der Hafenstadt Portimão, die Arade-Flussmündung, den Yachthafen und den Strand von Praia da Rocha weiter Richtung Westen vorbei an den Felsenformationen von Praia do Vau bis zum Leuchtturm von Lagos, flussaufwärts bis in die Bergregion Serra de Monchique und gen Osten etliche Kilometer weit entlang der zerklüfteten Sandsteinfelsenküste. Im Laufe des vergangenen Jahrhunderts wurde der Farol da Ponta do Altar technisch mehrmals um und aufgerüstet und zählt heute zu den modernsten Leuchtfeueranlagen in Portugal. „Die andauernde technische Weiterentwicklung sowie der Einsatz von Solartechnik und computergesteuerten Anlagen stellt uns Leuchtturmwärter vor immer neue Herausforderungen“, erklärt der für die Leuchtturmanlage in Ferragudo verantwortliche Leuchtfeuerwächter Jorge Estêvão. Er öffnet das elektronische Herz der Anlage und erläutert anschaulich die unterschiedlichen Kontrollfunktionen sowie die erst kürzlich installierte voll automatisierte Systemsteuerung. Die Anlage verfügt über einen Sensorbildschirm, über den sämtliche Funktionen per Fingerberührung aufgerufen werden können. Hochleistungsbatterien speisen Energie in den Kreislauf, die Kontrolle passiert am Computer im Leuchtturmbüro und zusätzlich zentral gesteuert in der Hauptstelle der Leuchttürme Direcção Geral dos Faróis in Lissabon. „Bei einem Störfall sendet das Kontrollmodul automatisch eine Textnachricht an das Mobiltelefon des diensthabenden Leuchtturmwärters, in der erklärt wird, was genau defekt ist. Somit kann die Reparatur effizient und schnell erledigt werden“, freut sich Jorge Estêvão über den Fortschritt und über die erfahrene elektrotechnische Weiterbildung in seiner Berufssparte.
Neben der Leuchtturmanlage von Ferragudo steht seit 2008 ein mit dem aktuellsten Seeverkehrsleitungsdienst für regelmäßig frequentierte maritime Routen ausgestatteter Radarturm, der den gesamten Schiffsverkehr entlang der Algarve-Küste registriert. Dies geschieht mittels dem seit Dezember 2000 international vorgeschriebenen GPS-Identifizierungssystem AIS, das jedes Schiff zwecks automatischer Kennung via Funksignal an Bord installiert haben muss. Der Radarturm leitet die empfangenen Daten automatisch weiter an das Marinehauptquartier in Lissabon, wo die Daten ausgewertet werden
und zur Sicherheit für die Lenkung im Schiffsverkehr beitragen.
Zehn Minuten Fahrt vom Leuchtturm in Ferragudo entfernt, weist wenige Kilometer östlich vom Badeort Carvoeiro von der Küstenstraße M 530 ein Schild zum Cabo de Carvoeiro und zum Leuchtturm Farol de Alfanzina. Der viereckige Turm mit roter Laterne steht zwischen zwei ebenerdigen Gebäuden, in denen die Leuchtturmwärter mit ihren Familien leben sowie Büro, Werkstatt und Maschinenraum untergebracht sind. Der Turm des Farol de Alfanzina misst 23 Meter und steht 40 Meter über dem Meeresspiegel. Eine steinerne Wendeltreppe führt hinauf in den Turm, eine steile Leitertreppe in die Laterne und zur Aussichtsplattform. Der Blick schweift nach Westen und Osten bis zum Horizont entlang der Sandsteinfelsenküste, landeinwärts Richtung Lagoa über diverse Bungalows in Feriensiedlungen hinweg und bietet dem Betrachter eine völlig neue Perspektive auf den Ferienort Carvoeiro und dessen Umgebung.
Der Turm wurde 1920 mit einem bloß zweiseitig konstruierten Linsenprisma in Betrieb genommen, das wie ein Uhrwerkmechanismus funktioniert und gleichmäßig rotiert. Die bis 1950 mit Petroleum, danach auf elektronischen Strom umgerüstete Anlage sendet zwei aufeinanderfolgende kurze, blitzartige Signale im 15-Sekundentakt aus, die bis 1950 dreißig Seemeilen, danach 42 Seemeilen und seit 2004, dem Jahr der letzten technischen Aufrüstung, 29 Seemeilen (53,7 km) weit sichtbar sind.
Chef-Leuchtturmwärter Domingos Guerreiro
leitet den Farol de Alfanzina seit August 2016
gemeinsam mit zwei ihm unterstellten Leuchtturmwärtern. Die vier Dienstjahre davor war er verantwortlich für den Leuchtturm in Vila Real de Santo António, davor am Cabo da Roca nördlich von Lissabon. Dies ist seine zweite Dienstperiode in Carvoeiro. Als begeisterter Sportfischer freut es ihn nach vier Jahren Dienst in Vila Real de Santo António besonders, wieder ein Stück näher am Meer aufzuwachen und an seinem freien Tag die Angel sozusagen direkt von der Klippe ins Meer auszuwerfen. Seine Ehefrau freut sich ebenso, wieder im Leuchtturm von Carvoeiro zu leben, denn ihre Familie stammt aus Ferragudo. Die Nähe zu ihren Angehörigen hat sie oft vermisst, vor allem während der Dienstzeit ihres Mannes im Leuchtturm Cabo da Roca. „Wieder in Carvoeiro stationiert, fühlt sich an wie Heimkehren“, gesteht
das Ehepaar.
Mit der Lichtreichweite der Leuchttürme in Ferragudo und Carvoeiro, unterstützt von roten und grünen Lichtsignalen an sämtlichen Flussmündungen, Hafeneinfahrten und im Farolim Ponta de Sagres auf der vorderen Spitze der Felsenhalbinsel Promontório de Sagres blinkt das Leuchtfeuerwerk entlang der Algarve-Küste jede Nacht sein ureigenes, charakteristisches Leuchtfeuerwerk.
Text: Catrin George
ESA 02/2017
Farol Ponta do Altar, Ferragudo:
Nationalstraße N 125, Ausfahrt Ferragudo/Parchal. In Ferragudo den Kanal überqueren und der Verbindungsstrecke M 530 Richtung Carvoeiro folgen. Nach etwa 3 km zweigt eine Straße rechts (ausgeschildert) zum Leuchtturm ab und endet am Parkplatz vor der Leuchtturmanlage. GPS37.105975, -8.519108
Farol de Alfanzina, Carvoeiro:
Von Lagoa führt die N 124-1 nach Carvoeiro. Im Zentrum an der Kreuzung am Strand von Carvoeiro geht es Richtung Algar Seco weiter auf der Straße M-530 gen Osten. Nach etwa 3 km zweigt eine Straße M-1274 zum Leuchtturm rechts ab. GPS37.087091, -8.442776
Die Leuchttürme der Algarve können jeden Mittwoch zwischen 14 und 17 Uhr besichtigt werden.