In der Serra de Monchique, unterhalb von Foia, ragen weithin sichtbar die Mauern eines drei Jahrhunderte alten Klosters über die Bäume. Aus den Ruinen von Kirche, Kapelle, Kreuzgang und Sakristei soll ein vornehmes Hotel werden. Noch lebt dort eine von den Behörden vergessene Familie
Franziskanermönche verdienen den Ordensregeln entsprechend ihren Unterhalt als Handwerker und mit sozialer und pädagogischer Arbeit. Als Seelsorger blieben sie zumeist am Rande sich entwickelnder Städte, wo der Bedarf an Fürsorge am größten schien. Dort errichteten sie schlichte, aber monumentale Klöster. Ein solches Bauwerk steht wie ein verwunschenes Schloss bei Monchique, hoch oben an einem dicht bewaldeten Hang. Der Konvent Nossa Senhora do Desterro entstand 1631 im Auftrag des adligen Franziskaners Dom Pêro da Silva, der wenig später Vizekönig von Indien wurde. Alte Aufzeichnungen bezeugen, dass die Mönche auch im Monchique eine wichtige Rolle bei der Vermittlung von Wissen und Kultur spielten doch das Schicksal war ihnen nicht gnädig: Im 18. Jahrhundert beschädigten drei Erdbeben das Gebäude stark, Geld zur Renovierung fehlte. Als dann Königin Dona Maria II, dem Liberalismus zugeneigt, 1834 die Schließung religiöser Orden und die Verstaatlichung der Klöster verfügte, verließen die Franziskaner den Ort. Der Rechenschaftsbericht des Schatzamtes von 1840 bezeichnet den Konvent als ,,einzige wirtschaftlich wertvolle Sache“ im Kreis Monchique. Der Staat brauchte Geld und verkaufte das Kloster an private Besitzer. Die Stadt Monchique stufte es 1981 als bedeutsames regionales Kulturerbe ein, einschließlich uralter Magnolien und Platanen, und hat das längst zur Ruine verfallene Gemäuer inzwischen erworben. Die trutzigen Mauern haben ihren Wert nie verloren. Aber Monchique gehört zu den am höchsten verschuldeten Kommunen in Portugal; Investitionen müssen von außen kommen. Eine ,,Intervention in Gebäude und umliegendes Grünland ist extrem wichtig, um der Immobilie ihre Würde zurückzugeben und den Verlust von Werten zu verhindern“, hieß es 2003 in einer kommunalen Broschüre. Der Stadtrat träumt seit 15 Jahren von einem Landhotel und suchte in einer internationalen Ausschreibung nach dem geeigneten ,,Projekt zur Erweiterung, Restaurierung und Nutzung des Konvents“, der seinen ,,religiösen Charakter behalten und gleichzeitig als Pousada und für kulturelle Veranstaltungen genutzt werden soll“. Das Amt für Denkmalschutz IPPAR genehmigte nun das Projekt. Wenn da nicht die derzeitigen Bewohner wären. In großen Buchstaben gemalte Schilder weisen auf ,,Family“, ,,Dog“ und ,,Private“ hin, in global verständlicher Sprache, schließlich verirren sich hierher auch Touristen aus aller Welt. Fernando und Solange Gonçalves, beide um die siebzig Jahre alt, leben hier ,,schon immer“ mit ihren Söhnen Vidaul und António, dessen Frau Graça und dem Nachwuchs Márcio und João, neun und zwölf. Die Familie hat keine andere Bleibe. Ab und zu, so berichten Wanderer, lässt Fernando auch Fremde näher kommen und zeigt nicht ohne stolz seinen Kleinbauernhof, die Obstund Gemüseanpflanzungen und die Behausungen, die sie sich gezimmert haben. Mit Duldung der Stadt, die über die friedliche Besetzung des Klosters immer Bescheid wusste. Der frühere Besitzer, ein ranghoher Militär namens Guerreiro hatte das Gemäuer mitsamt dem dazu gehörigen Land seinen Töchtern vererbt, die es dann an Gonçalves vermieteten, vor über dreißig Jahren. Seit die Stadt die Ruine kaufte, trage sie auch die Verantwortung für die Bewohner, meint Vidaul Gonçalves. Jemand aus dem Dorf hat mal was von ,,Gewohnheitsrecht“ gesagt. Doch angesichts einer Investition von fünf Millionen Euro sieht der Stadtrat das anders. Gonçalves müssen weg. Dort, wo sich jetzt Gänse, Hühner und ein halbes Dutzend stimmgewaltige Hunde tummeln, wird die Rezeption eingerichtet, nebenan eine Kapelle, Aufenthaltsräume, ein Lesezimmer und der Speisesaal. Dazu die Küche. 21 Zimmer und Suiten werden in die oberen Stockwerke gebaut und die Außenanlagen um einen Pool erweitert. Landschaft und Panoramablick ,,machen diesen Ort zu einem Muss für Algarve-Besucher“, wirbt die Stadtverwaltung schon jetzt und darin stimmt ihnen auch Familie Gonçalves zu. Das werde ,,das beste Geschäft, das Monchique je gemacht hat“, meint der Sohn. Und deshalb hält er es für gerecht, wenn die Stadt die Familie unterstützt. Bürgermeister Carlos Tuta lässt erklären, er habe eine Ersatzwohnung angeboten, die die Familie aber nicht wolle. Gonçalves weiß davon nichts. Er bot sogar an, Miete zu zahlen, aber das habe der Bürgermeister abgelehnt. Keinesfalls eine großzügige Geste, denn ein Vermieter müsste Wasser- und Stromleitungen legen. Letzteres gibt es zwar in der Klosterruine, doch nur, weil ein Nachbar der Familie den Strom für Fernseher und Kühlschrank schenkt. Die GonçalvesSöhne sind arbeitslos und haben kaum Chancen auf eine Stelle ohne ordnungsgemäßen Wohnsitz. Sie verkaufen, was an Obst, Gemüse und Eiern in ihrem kleinen Nutzgarten anfällt. Es habe schon viele Pläne gegeben, den Konvent neu zu beleben, doch ,,dieses Mal scheint es ernst zu sein“, meint António Gonçalves, der hier geboren wurde: ,,Das wird wohl unser letzter Winter hier“.
ESA 01/08