Merkhabala ist einerseits ein Künstlername, andererseits eine Öko-Marke, die auf die Herstellung von Schmuckstücken aus einheimischen Hölzern ausgerichtet ist. Verziert werden diese durch Pyrographie, einer uralten Technik der Brandgravur
Als Eurico Brito, alias Merkhabala, 2014 eine chronische Krankheit diagnostiziert wurde, stand sein gesamtes Leben plötzlich auf dem Kopf. Doch wie der portugiesische Volksmund besagt, há males que vêm por bem – was etwa „manch Böses bringt Gutes mit sich“ bedeutet. Eurico beschloss einem Traum nachzugehen. Nicht einem Kindheitstraum, sondern einem ganz bestimmten, den er kurz nachdem er von seiner Krankheit erfuhr geträumt hatte und in dem er mit Feuer auf Holz malte. Obwohl die Pyrographie eine lange Geschichte hat – schon die alten Ägypter übten sich in der „Feuerkunst“ und verzierten Holz- oder Lederstücke mit der Einbrenntechnik – und in Deutschland ein beliebtes Hobby ist, ist diese Kunst in Portugal weitgehend unbekannt, sodass Eurico noch nie etwas von Pyrographie oder Brandmalerei gehört hatte. Dennoch beschloss er, seinen Traum zu verwirklichen. Mit einem simplen Lötkolben machte er erste Versuche und erzielte dank seines angeborenen Zeichentalents und seiner Erfahrung in Illustration rasch gute Ergebnisse. Als ihm dann seine Frau einen Brandmalkolben schenkte, rief er Merkhabala ins Leben.
Merkhabala vereint Schmuck aus Naturmaterialien mit der traditionellen Volkskunst der Holzverzierung durch Brandspuren. Vom Sammeln des Materials über das Schleifen bis zum Einbrennen ins Holz, macht Eurico alles in mühsamer, feiner Handarbeit selbst und geht dabei so umweltfreundlich und nachhaltig wie möglich vor. Das Ergebnis sind echte Unikate.
Das Holz und alle anderen Naturmaterialien, die er für seine Halsketten, Ringe und andere Objekte benutzt, sammelt er bei Spaziergängen im Hinterland von Loulé ein. Gut gelaunt erzählt er, dass er bislang noch nie von einem Grundstückseigentümer vertrieben wurde. „Das liegt vielleicht daran, dass ich keine ganzen Bäume fälle, sondern nur trockene Äste einsammle, die am Boden liegen.“ Er arbeitet vor allem mit Oliven- und Johannisbrotholz. Dies sind harte Hölzer mit einer stark ausgeprägten Jahresringmaserung, die sich laut diverser deutscher Webseiten weniger für Brandmalerei eigenen, da die intensive Maserung und der dunkle Farbton angeblich die Gestaltungsmöglichkeiten einschränken. Euricos Stücke sind jedoch der Beweis, dass sie sich sehr wohl eignen. Zudem macht es für Eurico keinen Sinn mit anderen Hölzern zu arbeiten. „Ich will ausschließlich mit regionalen Materialien arbeiten“, so der junge Künstler. „Und um meinen ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich zu halten, kann ich Holz nicht aus anderen Regionen oder Ländern bestellen“, fügt er hinzu. „Außerdem sind Oliven- und Johannisbrotholz viel schöner als Linde, Birke oder Pappel“, sagt er entschlossen.
Nach dem Einsammeln muss das Holz trocknen, damit sich später keine Risse bilden. Bei Olivenholz dauert dieser Prozess etwa zwei Jahre. Erst dann kann die Verarbeitung in der Werkstatt beginnen: Schneiden und schleifen bis das Holz glatt ist. Danach beginnt die künstlerische Arbeit mit dem Brennkolben. Obwohl Eurico ein Brandmalset mit verschiedenen Ersatzspitzen hat, benutzt er meistens nur die Brennschleife. „Mit dieser kann ich feine dünne bis dickere Linien zeichnen sowie verschiedene Schattierungen erreichen.“
Die Temperatur seines Brandmalgerätes kann bis zu 1.000 Grad geregelt werden, doch er arbeitet nie über 600 Grad. „Bei höheren Temperaturen verbrennt das Holz zu stark, es entstehen starke Spuren. Ich ziehe es vor, so oft über eine Stelle zu malen bis ich den gewünschten Farbton erreicht habe“, erklärt er.
Seine Motive sind sowohl geometrisch als auch abstrakt oder figurativ. Bei sehr komplexen geometrischen Motiven zeichnet er zuerst eine Skizze auf Papier, die er dann auf das Holz überträgt, um anschließend mit dem Brennstift die Konturen nachzufahren. Meistens aber malt er mit dem Brennstift direkt auf das Holz. „Da ich schon immer gut zeichnen konnte, vereinfacht dies meine Arbeit“, so Eurico lächelnd. Einige Stücke sind mit einfachen Linien verziert, andere mit Blumen oder esoterischen Symbolen. Auch die Südwest Schrift (Escrita do Sudoeste), eine Schrift aus dem V oder VI. Jh. v. Chr., die im Südosten der Iberischen Halbinsel, vor allem in der Algarve im Raum Loulé benutzt wurde, kommt in Euricos Stücken vor.
Seit Kurzem arbeitet er an der Serie „Fragmentos“, für die er den Brennstift nicht benutzt. Es handelt sich um Anhänger aus Harz, in denen Fragmente aus der Natur der Algarve eingearbeitet sind. Dazu gehören kleine Holzstücke, Blätter, Blumen, Algen, winzige Schneckenhäuser, Samen und vieles mehr aus der Flora und Fauna der Algarve. „Meine Idee dahinter ist, dass man stets ein Stück Algarve nahe am Herzen tragen kann“, fasst Eurico romantisch zusammen.
Als einer der Künstler des Loulé Design Lab arbeitet Eurico oft zusammen mit anderen Künstlern des kreativen Zentrums. Unter anderem war er derjenige, der die detailreichen Motive der Stempel von Oficina Poeta Azul (ESA 8/19) zeichnete. Für Girls love Hats (ESA 7/19) brandmalte er Knöpfe aus Olivenholz und für die Halsketten aus Zeitungspapier von Sigues (ESA 5/19) fertigte er die beschrifteten Holzanhänger an. Zudem kommt es oft zu Kooperationen mit Kunsthandwerkern und Künstlern aus anderen Städten. Zuletzt etwa brandmalte Eurico Anhänger für die Marke Underwood, die Halsketten und Armbänder aus Makramee anbietet. Gerne setzt er auch spezielle Wünsche von Kunden um, wie beispielsweise Eheringe aus Olivenholz und Harz samt handgravierter Boxen oder personalisierte Skateboards, die – meiner Ansicht nach – nicht gefahren sondern ausgestellt werden sollten, da es sich – wie bei all seinen Werken – um wahre Kunstobjekte handelt.
Text & Foto: Anabela Gaspar
Veröffentlicht in ESA 02/2020
Merkhabala
Gekauft werden können Eurico Britos Schmuckstücke im kleinen Laden von Loulé Design Lab
Palácio Gama Lobo
Rua de Nossa Sra. De Fátima, Loulé
Sa 10 – 13 Uhr, 10 – 13 Uhr
und in der Nouri Galerie
Rua da Barbacã 9, Loulé
Instagram / Facebook: Merkhabala