Immer mehr Radfahrer entdecken die Algarve für sich. Das Angebot an Radtouren, -routen und -veranstaltungen hat stark zugenommen und verspricht Vielseitigkeit. Abgerundet wird das ganze durch abwechslungsreiche Landschaften und ideale Wetterbedingungen rund um das Jahr
Egal ob mit dem Rennrad, dem Tourenrad oder dem Mountainbike, in der Algarve kommen alle Radfahrer voll auf ihre Kosten. Die wild-romantische Westküste mit ihren schroffen, steilen Felsklippen, an die der tosende Atlantik unermüdlich aufschlägt, kann auf der Fernroute Rota Vicentina erkundet werden. Vor allem die „Historische Route“ der Rota Vicentina, die etwas abseits der Küste verläuft, eignet sich für Radfahrer und führt durch kleine Dörfer, Täler und Hügel und an kleinen Flüssen entlang, in fast unberührter Natur.
Durch das beschauliche Hinterland der Algarve, von Sagres bis Alcoutim, vorbei an fast ausgestorbenen Dörfern und einsamen Höfen, wo nur noch ein paar ältere algarvios anzutreffen sind, führt die Via Algarviana. Diese wurde eigentlich als Wanderroute ausgearbeitet, ist aber auch unter Mountainbikern -immer beliebter. Vor allem im Monchique-Gebirge und in der Serra do Caldeirão, fern ab des Tourismus-trubels, erwartet die Mountainbiker Herausforderungen und eindrucksvolle Landschaften. Entlang der touristisch erschlossenen Küstenstädte der Algarve, von Sagres im Westen bis Vila Real de Santo António im Osten, führt die extra für Radfahrer angelegte Ecovia do Litoral. Eine blaue Linie am Straßenrand und diverse Hinweistafeln weisen dem Radfahrer den Weg dieser Route, die gleichzeitig die Streckenführung des internationalen Langstrecken-Radwegs EuroVelo1 ist. Die Strecke zeigt die Algarve in ihrer Vielseitigkeit, denn sie verläuft sowohl durch belebte Städte, als auch direkt an Stränden entlang und durch Naturschutz-gebiete. Hinzu kommt eine Vielzahl wenig befahrener Landstraßen, Schotter- und Feldwege sowie Pfade.
Radfahrer fahren durch ländliche Gebiete, in denen ringsherum die Mandeln blühen und die Orangenbäume voll mit reifen Früchten hängen; durch Korkeichen- und Pinienwälder; erfahren mehr über die Geschichte und das historische Erbe bei Städtetouren; radeln durch Naturschutzgebiete wie die Ria Formosa oder Salzgärten und entdecken dabei nicht nur eine beeindruckende Landschaft sondern auch eine vielfältige Vogelwelt.
ESA-Leser Manfred Dietz erkundet seit nunmehr 20 Jahren die Algarve mit seinem Rad. Seine Vorliebe gilt den sanften Hügeln des Hinterlandes und den Landschaften rund um die Stauseen Arade, Funcho und Odelouca. Manfred folgt selten ausgeschilderten Routen. Im Laufe der Jahre ging er immer wieder auf Entdeckung und erradelte sich selbst unterschiedliche Routen. Dabei vermeidet er so gut es geht die Nationalstraße 125 und ist deswegen kein großer Anhänger der Ecovia do Litoral, denn dieser Radweg verläuft an einigen Stellen, wie zum Beispiel zwischen Portimão und Lagos oder Olhão und Faro, entlang dieser stark befahrenen Straße. „Es gibt zwar einen Pannenstreifen, aber besonders die Busfahrer sind sehr rücksichtslos gegenüber Radfahrern. Kaum einer hält den gesetzlich festgelegten Mindestabstand von 1,5 Meter ein“, weiß er zu berichten. Als positiv bezeichnet Manfred die Möglichkeit, sein Rad im regionalen Zug kostenlos mitzuführen, denn dadurch erweitert sich sein Radius auf die gesamte Region. Obwohl er die Algarve als ideales Radrevier bezeichnet, ist er der Meinung, dass die regionalen Behörden noch einiges unternehmen könnten, um den Radtourismus stärker zu fördern und das Radfahren in der Region attraktiver zu gestalten. „Straßen und Wege sind genügend vorhanden. Eine Beschilderung und spezielle Karten für Radfahrer wären wünschenswert. Wenn die Autolobby ein wenig zurückgedrängt wird, kann es vielleicht gelingen“, so Manfred.
Auch Martin van den Hoek von Martin´s E-Bike in Almancil teilt Manfreds Meinung. „Das portugiesische Gesetz besagt zwar, dass Auto- und Radfahrer im Verkehr gleichgestellt sind, doch in der Praxis sieht es anders aus. Nicht nur wegen des Benehmens der meisten Autofahrer Radfahrern gegenüber, sondern auch, weil die Behörden diese Gleichstellung bei der Straßenplanung nicht berücksichtigen. Die EN 125 war bereits gefährlich für Radfahrer. Nach den Bauarbeiten noch viel mehr. Sie sind eine verpasste Chance, die Straße für Radfahrer sicherer zu gestalten“, so Martin. Der Niederländer befürwortet, dass man schon alleine der Umwelt zuliebe versuchen müsste, einen Mentalitätswechsel einzuleiten, sodass mehr Menschen mit dem Rad unterwegs wären. Die Region biete sich geradezu dazu an mit dem Rad von A nach B zu kommen. „Wenn die Portugiesen generell gewohnt wären, die Straßen mit Radfahrern zu teilen, dann wäre es auch nicht mehr so gefährlich.“ Daher ist das Wichtigste für Martin, die Region für den normalen Radfahrer, nicht den Mountainbiker oder Rennradfahrer zu erschließen.
Auch in Sachen Radtourismus müsste in der Algarve einiges verbessert werden. Die regionalen Verantwortlichen hätten zwar mittlerweile erkannt, dass die Algarve ein enormes Potenzial bietet und in den letzten Jahren verstärkt auf den Bereich Walking & Cycling gesetzt, doch man könnte und müsste noch viel mehr tun. Das Angebot für Mountainbikes und Rennräder sei gut, aber viele Touristen seien mit dem Tourenrad unterwegs und „nicht auf der Suche nach sportlicher Herausforderung, sondern wollen einfach nur die Region erkunden, Spaß haben und die Landschaft genießen“, so Martin, der neben dem Verkauf und Verleih von Fahrrädern auch Radurlaub in der Algarve, in Zusammenarbeit mit Reiseagenturen, anbietet und für seine Kunden Routen ausarbeitet. „Viel müssen die Behörden nicht investieren oder neu erfinden. Eine Renovierung der vielen Nebenstraßen würde schon reichen sowie eigens für Radfahrer bestimmte Hinweisschilder“, so Martin. „Allerdings müssen die Routen, nachdem sie festgelegt und ausgeschildert sind, auch gewartet werden. Entlang der Ecovia vermisst man an vielen Stellen die Schilder und andere sind nicht mehr lesbar.“
Für Martin ist das ideale Rad, um die Region zu erkunden, ein E-Bike. „Mit einem E-Bike ist man, was die Entfernung oder das Gelände betrifft, nicht mehr so eingegrenzt, denn wenn nötig kann man die Unterstützung des Motors einschalten. Und bei den hiesigen Temperaturen kommt man mit dem E-Bike auch nicht so sehr ins Schwitzen“, erklärt er lächelnd. Als Händler von E-Bikes kann seine Meinung als befangen angesehen werden, doch auch Manfred Dietz ist vor etwa einem Jahr auf ein E-Bike umgestiegen und schwört nun auf diese motorisierten Räder. „Trotz meiner fast 80 Jahre sind mir nun auch die Berge kein Hindernis mehr“, so Manfred euphorisch. Pro Tag fährt er um die 60 Kilometer.
Auch Claudia Müller und Michael Staats vom Radverleih Algarve E-Bikes in Aljezur haben sich bewusst für E-Mountainbikes entschieden, „da die Westküste mit steilen Teilstrecken auf schotterigem Gelände mit einem Treckingrad nicht zu meistern wäre“. Gerade für die hügelige Landschaft der Costa Vicentina würde sich ein E-Mountainbike anbieten, denn „mit diesem kann jeder, egal ob trainiert oder untrainiert, mit minimaler Anstrengung dieses wunderschöne Gebiet entdecken.“ Die Rota Vicentina beschreiben sie als eine sehr gut ausgearbeitete Route, die viel zu bieten hat und ein Vorbild in Europa ist.
Selbst in der Ostalgarve, wo das Gelände an der Küste sehr eben ist, setzt António Baptista, vom Radtour-Unternehmen Alemvila Tours, auf E-Bikes. „Unsere Touren können etwas radikaler oder gemütlicher ausfallen, so wie der Kunde es sich wünscht“, erklärt er. In Vila Real de Santo António, seinem Heimatort, hat das Rathaus schon vor einigen Jahren in Radwege investiert und das Netz ist relativ gut ausgebaut. Doch António ist in der gesamten Region mit seinen Kunden unterwegs, oft bis zu fünf Tagen und erkennt, dass die meisten Bezirke noch viel nachzuholen haben. Was er generell entlang aller bestehenden Radrouten vermisst, sind Hinweis- und Infoschilder zu historischem oder natürlichem Erbe und anderen Sehenswürdigkeiten.
Neben Routen und Unternehmen, die Radtouren anbieten, mangelt es in der Region auch nicht an Radveranstaltungen. Im vergangenem Monat hatten Hobby-Radsportler beim Algarve Granfondo die Möglichkeit mit ihren Idolen Seite an Seite bei der Radrundfahrt Volta ao Algarve zu radeln. In diesem Monat findet vom 2. – 4. in Tavira zum sechsten Mal in Folge die Algarve Bike Challenge statt. Ein Mountainbike-Rennen in mehreren Etappen, bei dem neben der sportlichen Herausforderung das Entdecken der Region im Vordergrund steht. Vor allem das abendliche Rennen durch die Straßen der Stadt am Gilão-Fluss ist unter den Teilnehmern sehr beliebt. Eine Radveranstaltung die bereits über 800 Hobby-Radsportler anzieht (www.algarvebikechallenge.com). Weitere Mountainbike-Rennen finden am 4. März in Monchique im Rahmen der Messe Feira dos Enchidos statt, in Messines am 11. März die Taça do Algarve, in São Brás de Alportel am 18. März die Taça de Portugal und am 18. März in Portimão die Troféu de Resistência de Portimão. Am 24. März wird in Albufeira das erste nationale Straßenradrennen für Frauen, die Taça de Portugal Femininas, ausgetragen und am 25. März findet in Estoi das Rennen Troféu CPT Agarve#2 statt, dass für alle Fahrradtypen geeignet ist. Zuletzt findet am 31. März die 22. Rundfahrt von Loulé für Junioren statt.
Infos zu den genannten Routen unter:
Via Algarviana: www.viaalgarviana.org
Rota Vicentina: de.rotavicentina.com/go.html
Ecovia do Litoral / EuroVelo 1: euroveloportugal.com/en
Weitere Webseiten:
Auf der Plattform Portuguese Trails können ebenfalls Routen abgerufen werden. Bislang sind nur Routen in der Algarve aufgeführt, aber bis Ende des Jahres sollen dort Wander- und Radrouten in ganz Portugal vermerkt werden.
www.portuguesetrails.com/de
Für Rennräder wurde vor Kurzem der Führer „Algarve Fahrradtouren auf Straßen“ herausgegeben, der 41 Routen in der Algarve, aufgeteilt in vier Schwierigkeitsgrade, auflistet. Der Führer kann unter www.algarvepromotion.pt abgerufen werden (Deutsche Sprache einstellen, danach erst Werbematerial und dann Broschüren wählen)
Radtourismus und -verleih:
Martin´s E-Bike
www.martinsebike.com
Algarve e-Bike
www.algarve-bike.com
Alemvila Tours
FB: Alemvila Tours
Musette Cycling Center Salema
www.musette.bike
Text: Anabela Gaspar in ESA 03/2018
Fotos: Musette Cycling center, Bike Challenge, Martins E-Bike