Offroad durch die Hügellandschaft
Bislang hatten wir das Hinterland der Region zu Fuß, mit dem Rad und auf dem Esel erkundet. Obwohl es im Hochsommer eigentlich viel zu heiß ist, ließen wir uns auf eine spaßige Alternative ein
Text: Anabela Gaspar in ESA 08/2021
Kurz nach 9 Uhr stehen wir vor dem Hauptsitz der Algarve Riders an der EN 125 bei Fontainhas, zwischen Ferreiras und Patã de Cima. Ordentlich aufgereiht stehen dort Buggys und Quads für die heutigen Ausflüge. Wir haben uns für eine ganztägige Buggy-Tour entschieden, die uns 30 Kilometer nördlich ins Hinterland von Albufeira und Loulé führen wird. Paulo, unser deutschsprachiger Guide, stellt uns die Ausrüstung zur Verfügung (die Windjacke schützt perfekt vor Wind, Staub und Insekten) und gibt uns ein kurzes Briefing zur Handhabung des Automatikgetriebes.
Wir fahren von Ferreiras Richtung Norden über Paderne und Alte bis Monte Ruivo, das knapp acht Kilometer von der Grenze zum Alentejo entfernt liegt. Asphaltstrecken wechseln sich mit abenteuerlichem Gelände mit Schotter, Geröll, Driftstellen und steilen Hügeln ab. Es geht durch pittoreske Ortschaften mit freundlich winkenden Bewohnern, gepflegten Gärten und blühenden Bougainvilleen und quer durch die Hügellandschaft – aber nie abseits der Schotterstraßen und -wege. Oft sind es Abschnitte der Fernwanderroute Via Algarviana, wie zwischen Benafim und Alte. Der 16,5 km lange Sektor 7 von Salir bis Alte ist bei über 35 Grad und keiner einzigen Einkehrmöglichkeit zu Fuß kaum zu überwinden. Mit dem Buggy legen wir die Strecke in wenigen Minuten und mit viel Fahrspaß zurück.
Ich muss gestehen, dass mir zu Beginn das Kupplungspedal fehlt. Immer wieder trete ich mit meinem linken Fuß ins Leere. Allzu lange brauche ich aber nicht, um mich an die Automatik zu gewöhnen und finde es sogar sehr angenehm, mich praktisch ganz auf die Landschaft zu konzentrieren. Fernab der befestigten Straßen muss ich mich zwar ganz auf das Lenken konzentrieren, aber es macht besonderen Spaß, den Buggy durch das Off-road-Gelände zu steuern. Während ich – eine unverbesserliche Raserin – auf dem Asphalt bei 65 km/h den Eindruck habe nicht voranzukommen, ist es über „Stock und Stein“ schon bei 35 km/h so, als würde ich „fliegen“. Vor allem steil bergauf und -ab auf Geröll zu fahren lässt den Adrenalinspiegel in die Höhe schießen.
Wir fahren durch Orangenhaine, an jahrhundertealten Korkeichen und Olivenbäumen vorbei, durch ein ausgetrocknetes Flussbett und über mit Lackzistrosen und Eichen bewachsene Hügel, die atemberaubende Ausblicke bieten. An manchen Stellen sieht man über den endlosen grünen Hügeln in der Ferne sogar das Meer. Die Weite ist schlicht und einfach beeindruckend. Die Algarve ist ein kleiner Fleck auf der Weltkarte, misst gerade einmal 166 km von Osten nach Westen und 50 km von Norden nach Süden. Aber auf einem Hügel bei Benafim oder von einem anderen beliebigen Ort in der Serra do Algarve, kommt uns die Region unendlich vor – und wir uns sehr klein.
Zum Mittagessen kehren wir in eines der traditionsreichsten Landgüter der Algarve ein: die Quinta do Freixo. Ein familiäres Unternehmen, dass mittlerweile von der fünften Generation geleitet wird. Als António Provisório Anfang des 20. Jahrhunderts die Grundstücke im Hinterland der Algarve bei Benafim erwarb, ahnte er nicht, dass die dort erzeugten Produkte einmal in die weite Welt verkauft werden würden. Auch nicht, dass die Region sich etwa 70 Jahre später zu einem beliebten Reiseziel entwickeln und das Landgut ein Restaurant und ein kleines ländliches Hotel beherbergen würde, das Gäste aus aller Welt begrüßt. Die Algarve hat sich seitdem stark entwickelt, doch auf dem Landgut wird vieles noch wie damals gemacht. Und genau deshalb sind die Produkte der Quinta do Freixo – die mittlerweile eine Bio-Zertifizierung haben – so beliebt und bekannt. Auf dem 800 ha großen Landgut wird neben Landwirtschaft auch Viehzucht betrieben und alles was dort wächst und gedeiht, wird vor Ort zu leckeren Produkten verarbeitet. Dazu gehören Marmeladen aus Johannisbrot, Orangen oder Tomaten, die wir noch vor dem Mittagessen kosten.
Weitere „Boxenstopps“ sind das Bergmassiv Rocha da Pena, das ein wahres Pflanzen- und Tierparadies ist und atemberaubende Ausblicke über die umliegende Landschaft des Barrocal bietet; die Quellen in Alte, die zu dieser Jahreszeit der Bevölkerung und vielen Besuchern Badespaß bieten und die Burg von Paderne, die im 12. Jahrhundert von den Almohaden gebaut wurde und Teil der Verteidigungsanlage von Silves gewesen sein soll. Ein Besuch der Anlage ist nicht möglich. Es lohnt sich jedoch, einmal die Burg zu umrunden. An der Ostseite hat man eine herrliche Aussicht auf die römische Brücke, den Fluss und die umliegende Landschaft. Über jeden Ort weiß Paulo zu berichten. Seien es Kuriositäten, Wissenswertes oder einfach lustige Geschichten. Auch über Flora und Fauna ist er gut informiert und erklärt beispielsweise, wie die Rinde der Korkeiche geschält wird, um den Kork zu gewinnen. Dank 30-jähriger Erfahrung im Rallye-Cross, als Hobby sowie als Teilnehmer bei der Rallye von Loulé, kennt sich Paulo in der Gegend wirklich sehr gut aus. Inmitten der Hügellandschaft, ohne irgendwelche Referenzpunkte, biegt er immer zuversichtlich auf einen anderen Schotterweg ab, als ob ihn ein inneres GPS leitet.
Fazit: ein rundum gelungener Tag in guter Gesellschaft und mit viel Fahrvergnügen.
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